Aktion “Frag deine Politiker BTW09” – Zwischenstand

Heute um fünf vor 12 (11:55) haben etliche Blogger und Journalisten ein Manifest zum Thema Journalismus und Internet veröffentlich. Der vollständige Titel ist “Internet-Manifest – Wie Journalismus heute funktioniert. 17 Behauptungen“. Unterschrieben haben das Manifest z.B. Markus Beckedahl von Netzpolitik.org, Johnny Häusler von Spreeblick.com, Stefan Niggemeier, bekannt vom Bild-blog.de und Thomas Knüwer vom Handelsblatt – und noch einige mehr.

Im Manifest geht es um 17 Behauptungen zum Thema Internet und Journalismus. Insgesamt stehen dort keine umwerfernden Neuigkeiten drin, sondern solche sachen wie die Tatsache, daß die Präsenz des Internet den Journalismus nunmal verändert hat und verändert. Daß die althergebrachten Geschäftsmodelle so einfach nicht mehr im Internet funktionieren. Daß der Mehrwert des Journalismusses im Internt auf der Verlinkung basiert. Daß sich die Journalisten damit abfinden müssen, daß sie nicht mehr das Meinungsmonpol haben, sondern daß jederman heute Sachen im Internet veröffentlichen kann. Daß sich Qualität aber trotzdem durchsetzt.

Interessant ist aber durchaus auch der Zeitpunkt dieses Manifestes. In einer Zeit, wo Verwertungsgesellschaften immer stärker Einfluß auf das Internet nehmen wollen. In der Zeitungen erneut ihr Glück darin suchen, Inhalte nur noch gegen Bezahlung zu bieten, wie es Medienmogul Murdock vor hat. Und auch in einer Zeit, in der sich eine Bewegung im Internet zu etablieren scheint, die auch politisch einen Gegenpol zu der bisherigen Politik darstellt. In einer Zeit, in der eben diese, häufig als unpolitisch und vielleicht auch politik-verdrossene Szene sich zu organisieren beginnt und in der Blogs und andere Online-Medien immer mehr an Bedeutung gewinnen und auch immer häufiger von und in den etablierten Medien erwähnt werden.

Ich finde, dies ist ziemlich bemerkenswert und Ausdruck eines entsprechend gewachsenen Selbstbewußtseins. Noch im Februar hab ich mich darüber in meinem Blog beschwert, wie unpolitisch doch die deutsche Blogosphäre sei:

Vielleicht ist es Zeit, daß auch in Deutschland Blogs die sich aufzeigende Lücke in der Berichterstattung zu füllen beginnen? In anderen Ländern sind Blogs schon eine wichtige Informationsquelle, aber in Deutschland scheinen Blogs eher unpolitisch zu sein, was ich schade finde. Aber ich stelle auch selber an den Zugriffszahlen fest, daß politische Beiträge eher schlecht angenommen werden und offensichtlich nicht interessieren.

Dies hat sich zum Glück gänzlich und sehr schnell geändert! Während früher eher die technischen Artikel über Linux die Leser anlockten, kommen nun die Mehrzahl der Leser und der Kommentare zu den Themen aus der Politik. Die übrige Kritik aus dem Artikel vom Februar sind allerdings immer noch gültig: die Copy&Paste Mentalität bei den etablierten Medien. Anstatt selber Qualität zu liefern, wird häufig nur noch die Pressemeldung aus dem Newsticker verwurstet. Daß die Leser dann fortlaufen, wundert mich dann auch nicht.
Betrachtet man hingegen die Bloggerszene, so kann man durchaus feststellen, daß auch die Blogger natürlich von irgendwoher ihre Informationen bekommen. Häufig aber nur als Anstoß für weitere Kommentare und Informationen. Blogger nehmen Informationen auf, stellen sie in einen Zusammenhang, bewerten die Informationen oder geben einen anderen Blickwinkel auf das Thema. Darüberhinaus empfehlen sie andere Artikel und werden von anderen empfohlen. Wer von vielen empfohlen, gelesen oder verlinkt wird, hat ein entsprechendes Gewicht in der Blogosphäre. Beispiele hierfür sind Netzpolitik.org oder Spreeblick.com.

Dieses Mixen und Zusammenführen von Informationen und Meinungen findet sich nicht so in der althergebrachten Medienlandschaft. Ausführliche Hintergrundinfos und gut recherchierte Artikel aber eben leider auch nicht mehr oder nur noch sehr selten. Und deshalb werden entsprechende Blogs immer beliebter. Und deshalb ist es auch gut, daß es dieses Manifest als Ratgeber für die etablierten Medien gibt, um sie ins Internetzeitalter hinüber zu geleiten und ihnen ein paar Ratschläge ans Herz zu legen, worauf es im Medium Internet ankommt und wie man dort erfolgreich sein kann.
Inwieweit dieses manifest beherzigt wird, bleibt indes abzuwarten…

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