Post-Privacy-Spacken zum 2-Click-Button

Mario Sixtus hat sich vor 2 Tagen auf Google+ darüber echauffiert, daß der 2-Click-Button wie etwa bei Heise ein "Kniefall vor den Datenschutz-Taliban" sei. Darauf entspann sich natürlich eine lebhafte Diskussion dort, die dann auch noch von Kristian Köhntopp in seinem Blog in "Datenschutztheater: Die informierte Zustimmung" sekundiert wurde.

Im Grunde regen sich beide darüber auf, daß der Datenschutz veraltet und nicht mehr zeitgemäß sei. Noch dazu würde er so überhaupt rein gar nichts bringen, nur hinderlich sein und die User durch solche Sachen wie 2-Click Social Buttons nerven.

Sixtus schreibt: 

Ja, ich weiß auch, dass moderne Browser einen Anonymitäts-Modus besitzen. Darum geht es hier aber nicht. Es geht darum, dass diese Zwei-Klick-Dinger eine Scheinsicherheit erzeugen, die die User eben genau davon abhalten, sich bewusst im Web zu bewegen, beispielsweise unter Zuhilfenahme des Anonymitäts-Modus. Diese Dinger sind kontraproduktiv.

Kristian schreibt: 

Dieselbe organisierte Selbsttäuschung bemängelt Mario Sixtus in einem Google Plus-Artikel zum Thema Heise Buttonlösung für Facebook. Die Heise-Lösung deckt zwar Facebook-Like, Twitter und Google +1 Buttons ab, aber eben nur diese drei Dinge. Sie deckt nicht die gut 30 anderen Trackingdienste ab, die etwa einem Plugin wie Ghostery bekannt sind – und so kommt es, daß die Heise-Buttonlösung zwar per Default keine Daten an Twitter, Facebook oder Google Plus sendet, aber zum Beispiel auf den Heise-Seiten noch immer bei jedem Zugriff Daten durch den Browser des Users an die IVW gesendet werden, da Heise natürlich wie jede Zeitung den IVW-Zählpixel und den VG Wort Zählpixel einblendet. Ohne Buttonlösung.

Was daran aus meiner Sicht nervig ist: beide meckern nur, wie schlimm doch dieser verkappte Datenschutz aus den 80ern sei und daß der überhaupt nichts bewirken würde, wenn ich da nur 3 Social Media Dienste per 2-Click Button davon ausschließe, mein Surfverhalten zu tracken. Sie fordern zwar einen bewußten Umgang mit solchen Daten, aber greifen da zu kurz. Sixtus und Kristian sind sicherlich durchaus in der Lage, ihren Datenschutz selber in die eigene Hand zu nehmen, aber Otto-Normal-Verbraucher ist es eben nicht. Und noch erstaunlicher: darum geht es beim 2-Click Button ja auch gar nicht.

Das Problem, was bei dieser Art Lösung im Gegensatz zu dem von dem von Kristian angeführten Zählpixel von VG Wort (*.ivwbox.de) zugrunde liegt, ist die Tatsache, daß Facebook in den USA ist und die VG Wort in Deutschland sitzt. Es ist nun auch nichts völlig Unbekanntes, daß das Datenschutz-Niveau in den USA ein anderes als in Deutschland oder Europa ist.

Im Grunde geht es beim Datenschutz darum, daß die Firmen nicht einfach die Daten der Kunden mißbrauchen können, in dem sie diese z.B. weiterverkaufen. Ein solcher Schutz existiert in den USA nicht, was dazu führt, daß eben dieses Weiterverkaufen teilweise zum Geschäftsmodell von Facebook, Google und Co. gehört. Es ist auch nichts Neues, daß das Safe-Habor-Abkommen ein reiner Papiertiger ohne jegliche Bedeutung ist.

Sixtus und Kristian mögen nun einwenden, daß auch die US-Bürger noch leben und alles nicht so schlimm sei und man halt den Konsumenten erziehen müsste, mit seinen Daten verantwortungsbewußt umzugehen. Aber so einfach kann man es sich nicht machen. Manchmal bleibt mir nichts anderes übrig, als meine Daten einem Dienstleister zu geben. Das Datenschutzgesetz schützt mich dann im einfachsten Fall davor, deswegen mit einer Unmenge von Werbung überschüttet zu werden. Und es gewährt mir das Recht, Auskunft vom Dienstleister über die Verarbeitung meiner Daten zu verlangen.

Hintergrund ist auch in diesem Fall einmal mehr die Haltung des Grundgesetzes, den Menschen nicht zum Objekt zu machen. Das Grundgesetz bezieht sich da zwar eher auf den Staat, aber die grundlegende Haltung findet sich eben auch im Datenschutzgesetz wieder: der Mensch soll nicht bloßes Objekt der Datenverarbeitung sein. Verneint man, daß man ein hohes Maß an Datenschutz haben möchte, gibt man der Industrie einen Persilschein, mich zu einem Objekt zu degradieren. Ich hingegen möchte weiterhin als Mensch gelten und gesehen werden und nicht bloß als Datensatz, mit dem man Geld machen kann.

Darüberhinaus bleiben sowohl Sixtus als auch Kristian Vorschläge schuldig, wie man das Datenschutzgesetz novellieren kann. Meckern kann jeder, aber von prominenten und intellektuellen Vertretern der Netzszene erwarte ich mehr als bloß ein bißchen Meckerei.

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3 thoughts on “Post-Privacy-Spacken zum 2-Click-Button

  1. Das ist so nicht ganz
    Das ist so nicht ganz richtig, was du schreibst.

    Erstens verkaufen Facebook, Google und Co nicht die Daten ihrer Kunden (wie das aber die deutschen Presseverlage machen), sondern bieten zielgenaue Werbung für aggregierte Mengen an – etwa “Männer mit Interesse an Fussball und Rockmusik”. Sie wären schön blöd, die Quellen für diese Aggregationen aus der Hand zu geben.

    Zweitens schützt das Datenschutz dich überhaupt nicht vor Spam, was du ziemlich einfach feststellen kannst, wenn du mal einem deutschen Anbieter -sagen wir Spiegel Online – deine Daten gibts. Spiegel Online fragt dich bei der Registrierung nach deiner Post-Adresse, was meinst du warum sie das tun?

    Abschweif: Es stellt sich natürlich auch die Frage, wieso du meine E-Mail-Adresse erhebst, und was du damit machst – ich konnte jedenfalls keine Datenschutzerklärung auf deiner Seite finden. D.h. du sicherst mir nicht zu, keinen Spam zu schicken.

    Drittens musst du mal gucken, worum der Streit mit Facebook konkret juristisch geht, also jenseits des Theaterdonners: Es geht um Formalia. Zum Beispiel die Frage, ob die Betreiber einer Facebook-Fanpage mit Facebook einen Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung schließen müssen, oder nicht. Das ist schon weit weg von Grundgesetz und “zum Objekt degradieren”.

    1. Nun, wer Werbung verkauft,
      Nun, wer Werbung verkauft, die ueber Textlinks hinaus geht, verkauft im Grunde schon die Nutzerdaten, denn die Auslieferung von Werbebannern und -bildchen kommt ja auch von irgendwoher.

      Im Gegensatz zu Facebook und Google habe ich bei deutschen Verwertern immerhin eine bessere Handhabe gegen diese.

      Der Kernpunkt meiner Kritik ist jedoch, auch wenn es nicht so direkt erkenntlich ist, das Herumgemeckere ohne Alternativen zu entwickeln. Das nervt.

  2. Hmm. Mein vorheriger
    Hmm. Mein vorheriger Kommentar liest sich im Nachhinein etwas pissig, aber ist gar nicht so gemeint.

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