Harmlose Vorratsdatenspeicherung am Beispiel Malte Spitz

Letztes Jahr hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung gekippt und sie in der bisherigen Form für nichtig erklärt. Die konservativen Politiker und die Sicherheitsfanatiker jammern seitdem herum, als wenn der Untergang des Abendlandes bevor stünde.  Ohne die Vorratsdatenspeicherung könne man keine Verbrechen mehr ausklären und wir würden im Chaos versinken. Und selbstverständlich hätten die unbescholtenen Bürger ja nichts zu befürchten und die Daten würden ja nur zur Bekämpfung von schweren Verbrechen benutzt werden.

Wie detailliert diese Daten sind und wie sehr sich damit das Leben der Bürger über einen Zeitraum von 6 Monaten hinweg überwachen läßt, das zeigt nun Malte Spitz, der auf dem gerichtlichen Weg seine eigenen Vorratsdaten eingeklagt hat. Das Ergebnis läßt sich nun bei der Zeit online begutachten:

Dort ist anschaulich visualisiert, wo sich Malte Spitz in den letzten 6 Monaten mit seinem Handy aufhielt, bei welchen Veranstaltungen er war, wieviele Telefonate er empfangen und wieviele er geführt hat, wieviele SMS er bekommen oder gesendet hat und wie lange er mit seinem Handy im Netz unterwegs war. Anhand dieser Daten läßt sich ermitteln, mit welchen Verkehrsmitteln unterwegs war, vermutlich sogar, ob er dabei die Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten hat oder nicht, wenn er mit dem Auto unterwegs war. Und wenn man mehrere solcher Datensätze kombiniert, kann man auch Rückschlüsse ziehen, mit wem er sich wo getroffen haben kann. Kurzum: man weiß dann fast alles, was Malte Spitz im letzten halben Jahr so gemacht hat.

Malte schreibt in seinem Blog

Eines der größten Projekte die in den letzten Jahren gegen den Datenschutz und die Bürgerrechte ins Rennen gegangen ist, war die Vorratsdatenspeicherung. Als Betroffener habe ich gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, mich aktiv im AK Vorratsdatenspeicherung eingebracht, die Freiheit statt Angst Demos mit organisiert, über das Thema aufgeklärt und mich dann dazu entschlossen mit Unterstützung der Grünen Partei auf Auskunft zu klagen. Ich wollte wissen was gespeichert wird und damit auch prüfen, ob die Speicherung so erfolgt, wie vom Gesetzgeber vorgegeben.
Ich habe dazu meinen damaligen Mobilfunkanbieter T-Mobile auf Auskunft verklagt. Grundlage war §34 des BDSG. Das Verfahren hat sich hingezogen und es gab einen Gerichtstermin. Das Bundesverfassungsgericht hatte jedoch vorher die generelle Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und für nichtig erklärt und die Löschung aller gespeicherten Daten angeordnet. Daraufhin haben wir schnell gehandelt und die Herausgabe der Daten außergerichtlich mit T-Mobile geklärt. Die Datensätze, die ich auf diese Einigung hin zu meiner Person erhalten habe, enthalten nicht die Nummern der Menschen die ich angerufen habe oder die mich angesimst haben. Sprich die Hälfte der Daten einer regulären Vorratsdatenspeicherung fehlt.

Nur die Hälfte der Daten, die bei der VDS anfallen! NUR DIE HÄLFTE! Unfaßbar, was uns die Politiker und Sicherheitsfanatiker da unterschieben wollen! Dank Malte Spitz kann nun jeder sehen, wie sehr die VDS in unser Privatleben eingreift. Nein, eingreift ist eigentlich nicht das richtige Wort: die VDS schafft das Privatleben ab, da der Staat jederzeit über einen wesentlichen Teil unseres Privatlebens Bescheid weiß.

Der Bürger wird zu einem Objekt staatlicher Begierde. Zu einem transparenten Objekt staatlicher Überwachungsgier. Es ist das eine, abstrakt über die Vorratsdaten zu reden. Es ist etwas völlig anderes, wenn man dann anschaulich sieht, was man mit diesen Daten anstellen kann. Es darf daraus nur eine Schlußfolgerung geben: die Vorratsdatenspeicherung darf nicht kommen. Nicht in Deutschland und auch nicht über den Umweg über Brüssel in Europa.

Vielen Dank, Malte, für diese Daten und die Visualisierung!

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2 thoughts on “Harmlose Vorratsdatenspeicherung am Beispiel Malte Spitz

  1. MIST!
    Du hast den Artikel

    MIST!
    Du hast den Artikel also auch schon gelesen. 😉

    Ergänzen sollte man noch mal klar stellen, dass ein solches Bewegungsprofil nicht nur für einen Spitzenpolitiker möglich ist, der in gewisser Weise schon ein sehr öffentliches Leben führt, sondern für jedermann! Für Dich, für mich, die Nachbarin im Nebenhaus, den Arbeitskollegen ….

    Sehr viel wertvoller, gerade bei einem Spitzenpolitker, wäre natürlich genau die Daten, die jetzt fehlen. Also: mit wem hat er wann telefoniert oder geSiMSt, mit wem hatte er gerade im Vorfeld des Parteitags besonders oft Kontakt, wer war mit ihm unterwegs oder in seiner Nähe usw.

    Ich fürchte, dass es eben leichter ist, sich hinter einem “Ich hab ja nix zu verbergen” zu verstecken, als seinen Verstand und die eigene Phantasie zu bemühen und sich über die Brisanz dieser Daten Gedanken zu machen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Jens

    PS: Apropos Bewegungsprofil: Mein Handy wird am WE wieder in HRO sein. 😉

    1. Jeder hat etwas zu verbergen.
      Jeder hat etwas zu verbergen. Und das sollte eigentlich nun auch jedem klarwerden koennen, was da fuer Daten erhoben werden und was damit angestellt werden kann.

      Mein Handy ist dieses WE uebrigens nicht in HRO, sondern in Richtung EL unterwegs…

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